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Airborne in zehn Tagen

Seit Jahren herrscht Stagnation in der Drachenszene. Das Durchschnittsalter der aktiven Piloten steigt, Nachwuchs ist kaum zu finden. Einer der Gründe ist die mühevolle Ausbildung am Übungshang und auf den Höhenflug-Bergen. Doch es gibt eine Alternative …
[Text: Uli Frieß, fly & glide 4/2002]

fly & glide
fly & glide
war ein von Oktober 1994 bis Oktober 2008 monatlich erscheinendes Magazin für Drachen- und Gleitschirmpiloten.

Dieser verfluchte Hügel! Schon sechsmal hab’ ich heute den Drachen die 40 Höhenmeter hochgeschleppt. Der Schweiß läuft in Strömen, jeder Muskel schmerzt. Oben angekommen, beginnt dasselbe Prozedere wie heute schon sechsmal zuvor – nur langsam lässt die Konzentration merklich nach. Auf den richtigen Wind warten, Drachen ausrichten, Konzentration auf Anstellwinkel und die Umgreiferei, loslaufen, und 50 Meter geradeausgleiten – wenn’s klappt. Kaum fliege ich, beginnt der Landestress. Aufrichten und Umgreifen, richtige Geschwindigkeit einstellen, ausgleiten, und hoffentlich ohne Crash aufsetzen …

So hatte ich mir das Fliegenlernen eigentlich nicht vorgestellt. Der Grundkurs ist größtenteils Kraft- und Konditionstraining, der Rest ist Start- und Landestress. Klar lernt man auch was dabei, aber unter Fliegen stell’ ich mir was anderes vor. Und wenn’s anschließend in die Höhenflugausbildung geht, weiß ich eigentlich immer noch nicht, wie man eine koordinierte Kurve fliegt. Geht denn das nicht einfacher?

So oder ähnlich sind die ersten Eindrücke vieler Drachen-Anfänger. Die Ausbildung ist anstrengend, das ist nichts Neues. Aber geht’s nicht auch anders?

Attraktivitätsverlust

Warum ist Drachenfliegen für Einsteiger nicht mehr attraktiv? Mit dem Aufkommen leistungsstarker und „sicherer“ Gleitschirme Mitte der Neunziger wurde das Gleitschirmfliegen zur In-Sportart. Die Szene war rührig, das Medieninteresse groß. Die Einfachheit des Fluggeräts ließ simple und schnelle Erlernbarkeit ahnen, die Ausrüstung ist in der Anschaffung etwas billiger als die zum Drachenfliegen, und sie passt auch in einen Polo-Kofferraum. Nicht zuletzt die Flugschulen förderten verständlicherweise den Boom, denn für sie reduzierten sich gegenüber der Drachenausbildung die Investitionskosten, Schüler Durchsatz und Profit erhöhten sich. Die meisten der klassischen Drachenflugschulen bilden heute überwiegend Gleitschirm-Schüler aus.

Das größte Manko ist allerdings die Art der Ausbildung. Sie findet in den Grundzügen heute immer noch so statt wie in den Siebzigern. Damals war es logisch, am Übungshang zu schulen, es gab keine andere Möglichkeit, die Schüler sicher in die Luft zu bekommen.

Radikale Veränderung

Bis 1997 der DHV ein Erprobungsprogramm ins Leben rief, das die Drachenflugausbildung radikal verändern soll. Auf den Fly-Ranches in Australien, den USA und Argentinien schon länger praktiziert, sollte sich die Schulungs-Methodik modernen Maßstäben anpassen und einen Ablauf bieten, der in der allgemeinen Luftfahrt seit eh und je usus ist: Schüler und Fluglehrer fliegen von Anfang an zusammen. Mit Betonung aufs Fliegen!

Es geht auch anders

Unter anderem Rudi Aumer betreibt im Rahmen des Erprobungsprogramms in seiner Drachenflugschule Kelheim dieses Modell mit großem Erfolg. In etwa zehn Tagen macht er aus „Fußgängern“ Drachenflieger mit beschränktem Luftfahrerschein, was für die hohe Effizienz dieser Methode spricht. Außerdem bleibt die Schulung für die Flugschüler weitgehend stressfrei und ohne große körperliche Anstrengungen. Auch Gleitschirmflieger schnuppern bei ihm oft mal am Drachen. „Die sind meist total begeistert vom neuen Fluggefühl.“ sagt er.

Der quirlige Niederbayer ist ehemaliger Wettkampf-Pilot und überzeugt von der Schulung am Doppelsitzer: „Das ist die Zukunft des Drachenfliegens, schon beim ersten Flug bekommt der Schüler die Möglichkeit, das Gerät aktiv zu steuern. Wenn andere sich am dritten Tag am Übungshang mit Drachenschleppen quälen, können meine Aspiranten den Gleiter schon koordiniert steuern und haben normalerweise auch schon selbstständige Starts und Landungen hinter sich.“

Kernstück der Ausbildung ist ein Icaro Laminar BIP mit gefedertem Fahrwerk, das Aumer selbst entwickelt und gebaut hat. Es macht den Dolly (Startwagen) für den Start überflüssig und ermöglicht liegende Landungen. Auf den ersten Blick ungewohnt ist die Anordnung von Fluglehrer und Pilot: Sie liegen übereinander. Das ist sinnvoll, da Flugschüler und Lehrer ihre Bewegungen gegenseitig sehr genau spüren, und der Lehrer den Schüler besser „unter Kontrolle“ hat. Die ersten ein bis zwei Starts liegt Rudi in der unteren Position. Hat der Schüler etwa Gefühl fürs Gerät entwickelt, liegt er unten, wo die Kontrolle über den Drachen naturgemäß höher ist. Unvorstellbar für den Übungshang-Schüler. Schon beim ersten Start geht’s auf etwa 700 Meter über Grund, mit dem beruhigenden Gefühl, einen Fluglehrer neben (unter) sich zu haben. „Der Gewöhnungs- und Lerneffekt ist riesig, vom Spaß gar nicht zu reden. Beim ersten Solo-Höhenflug haben meine Schüler schon sechs bis sieben Höhenflüge mit dem Tandem hinter sich. Da zittern keinem mehr die Knie“, so Aumer.

Ablauf

Am Anfang des Kurses zum beschränkten Luftfahrerschein stehen zehn bis zwölf Höhenflüge mit dem Doppelsitzer, aber maximal drei am Tag, um die Schüler nicht zu überfordern. Im Rahmen des Erprobungsprogramms zählen sie gegenüber „normalen“ Höhenflügen doppelt. Ganz um den Übungshang kommt der Flugschüler aber nicht herum, denn anschließend geht’s – wenn auch stark verkürzt – dorthin, um Bergstart und Landung auf den Beinen zu lernen. Um diese „sensible Phase“ zu entschärfen, finden die Flüge am Übungshang mit etwas mehr Höhenunterschied als normalerweise üblich statt. Am letzten Übungshang-Tag – dem dritten – bekommt der Schüler seine persönliche Ausrüstung für die Höhenflüge in den Bergen: einen Gurt und einen Icaro Mars. Um die Gewöhnung an die Höhe wieder herzustellen, folgen noch drei Höhenflüge per Doppelsitzer-Schlepp, bevor's für die letzten 10 Höhenflüge und die Prüfung ins Gebirge geht. Dafür braucht’s nochmal drei bis vier Tage.
[Anmerkung: aufgrund der Luftrechtsänderung vom 1. Mai 2003 ist auch diese Kombination „Tandemfliegen – Höhenflüge am Berg“ radikal vereinfacht worden: siehe startartbezogene Ausbildung.]

Der Theorieunterricht findet entweder neben der Ausbildung statt oder in Blöcken. Kurz vor der Prüfung gibt’s dann nochmal eine spezielle Vorbereitung.

Die Ausrüstung für die Doppelsitzerflüge stellt Rudi Aumer komplett, nichtmal Helm und Brille muss der Schüler selbst mitbringen. Die Leih-Ausrüstung für die Berg-Höhenflüge – Gurt und Drachen – kostet pro Tag 30 Euro, wovon 25 Euro beim Kauf von Drachen, Gurt oder Rettungsgerät innerhalb von zwei Jahren angerechnet werden. Die Kosten für den kompletten Kurs belaufen sich auf etwa 1250 Euro (aktualisiert). Auf den ersten Blick erscheint das teuer im Vergleich zu den Kosten für die klassische Ausbildung mit Grund- und Höhenflug-Schulung. Dafür ist der Kurs jedoch extrem gestrafft, es entfallen große Beträge für Fahrtkosten ins Gebirge, die Bergbahnkosten und Übernachtungen. Letztendlich dürfte die Doppelsitzer-Schulung für einen Großteil der Schüler nicht teurer sein, als der klassische Weg. Gleitschirm-Umschüler bezahlen übrigens etwa 770 Euro, UL-Schleppberechtigung inklusive.

Potenzial, besonders für weibliche Interessenten

Die Vorteile der neuen Methode liegen auf der Hand: Der Schüler beginnt den Sport mit Fliegen anstatt mit Start- und Lande-Orgien am Übungshang, was besonders die weiblichen Interessenten freuen wird. Die Ausbildung am Flugplatz ist bei weitem nicht so wetterabhängig wie am Berg. Beispielsweise kann der Schleppflug auch noch bei leichtem Seiten- oder Rückenwind starten. Ein Großteil der Ausbildung kann im Flachland stattfinden, praktisch überall in Deutschland. Dadurch eröffnet sich ein großes Schüler-Potenzial und Interessenten wird anschaulich klar, dass Drachenfliegen nicht nur Bergsport ist. Am zweiten oder dritten Tag sind Thermikflüge möglich, auch „extreme“ Flugzustände wie Stalls sind gleich zu Beginn vermittelbar.
[Anmerkung: mittlerweile kann die gesamte Ausbildung im Flachland durchgeführt werden. – Stichwort: „startartbezogen“]

Problematisch bei der Schulung am Flugplatz ist das hohe Verkehrsaufkommen bei Mischbetrieb. Das System funktioniert nur dann reibungslos, wenn es in einem Drachenflugzentrum nach Fly-Ranch-art realisiert werden kann. Rudi Aumer ist deshalb bemüht, ein eigenes Gelände zuzulassen. Die Chancen, dass es klappt stehen derzeit gut. Bleibt zu hoffen, dass die Drachenflugschule Kelheim den Schulungs-Betrieb weiter ausbauen kann und andere Flugschulen erkennen, das Potenzial im Drachenfliegen steckt. Wenn man Fußgängern vermitteln kann, das die Ausbildung schnell, einfach und sicher ist, das Flachland sich ebenso gut zum fliegen eignet wie die Berge und Drachenfliegen eine der schönsten Freizeitbeschäftigungen ist, wird der Sport sicher wieder mehr Zulauf erfahren.
[Text und Fotos Uli Frieß, fly&glide 4/2002]

Infos zum Erprobungsprogramm

Zur Förderung des Drachenflugsports rief der DHV 1997, mit der Genehmigung des BMV (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen), das Erprobungsprogramm zur Ausbildung mittels Doppelsitzer-Schlepp ins Leben. Ziel ist es, Erfahrungen mit der Methode zu sammeln, sie sukzessive zu verbessern und schussendlich die Aufnahme in die LuftPersV (Verordnung über Luftfahrtpersonal). Horst Barthelmes, vom DHV beauftragter Erprobungsleiter, begann damals seine Arbeit zusammen mit acht Fluglehrern.

Als Schleppflugzeuge sind derzeit nur Trikes zugelassen, der DAeC (Deutsche Aero Club) startete jedoch im August 2000 ein Erprobungsprogramm zur Schulung mit dreiachsgesteuerten ULs. Für den Schleppbetrieb sind Dreiachser besser geeignet, da sie ruhigere Schlepps ermöglichen. Der langsam fliegende Dragonfly wir voraussichtlich im Frühjahr eine vorläufige Verkehrszulassung erhalten.

„Wir haben sehr positive Erfahrungen mit der Doppelsitzer-Ausbildung gemacht, bei mittlerweile mehr als 1000 Schlepps gab’s bisher keinen Unfall“, sagt Horst Barthelmes. „Während bei der klassischen Ausbildung nur 25 Prozent der Schüler nach dem Übungshang weitermachen, beenden mit der neuen Methode 90 Prozent den Kurs und schließen mit dem beschränkten Luftfahrerschein ab.“

Der DHV fördert das Programm auch mit finanziellen Mitteln. So wurden bei schulungsgeeigneten Doppelsitzern wie dem Icaro Laminar BIP und dem Exxtacy Bi die Musterprüfkosten gefördert und die Musterzulassung des Dragonfly mit einem Darlehen unterstützt.

Die Änderung der LuftPersV ist schon lange überfällig, die Aufnahme der Doppelsitzer-Schulung ist aber so gut wie sicher: Das BMV steht der Methode positiv gegenüber.

Anmerkung "startartbezogen"

Am 1. Mai 2003 wurde die Änderung in der LuftPersV offiziell zugelassen. Zudem wurde die startartbezogene Ausbildung und der startartbezogene beschränkte Luftfahrerschein (A – Schein) eingeführt: Man hat so die Möglichkeit, sich lange Anfahrten in die Alpen und das aufwendige Gebirgsfliegen zu ersparen, wenn man die startartbezogene Ausbildungsform wählt. Statt die notwendigen Höhenflüge in den Bergen durchführen zu müssen, kann nun der Schüler diese ausschließlich hinter dem UL leisten. Die Beschränkung des Luftfahrerscheins auf die Startart „UL-Schlepp“ kann durch einen 1 bis 2 tägigen Kurs am Hang mit der Fußstarterlaubnis erweitert werden. Damit wird aus dem "startartbezogenen" A - Schein ein allgemeiner A - Schein.

Ergänzungen Sonderlandeplatz Altes Lager

Uli schreibt von der Problematik dieser Schulungsform auf Flugplätzen mit hohem Verkehrsaufkommen bei Mischbetrieb. Das heißt, die Drachenflieger teilen sich beispielsweise den Flugplatz mit Segelfliegern, Motorfliegern, vielleicht auch noch Fallschirmspringern und demzufolge bleibt für die einzelne Sparte nur ein kleines Startfenster, dazu ist bei allen Teilnehmern äußerste Disziplin im befolgen der Fluganweisungen erforderlich.

Der Sonderlandeplatz Altes Lager hingegen ist ausschließlich für Gleitschirm- und Drachenflieger zugelassen, dazu kommen nur noch die Schlepp-Ultraleichts. Der Drachenflieger-Club Berlin e.V. ist Eigentümer dieses Platzes. Segelflugbetrieb findet nicht auf unserem Gelände statt. Der nächste Segelplatz ist das Segelflug-Leistungszentrum in Lüsse (ca. 27 km westlich). Die Segelflieger kommen aber gerne mal mit ihren Orchideen vorbeigeflogen und nutzen die Thermik am Platz. Motorflugbetrieb der Echo-Klasse (Cessna, Piper usw.) ist nicht in Altes Lager zugelassen, 12 km südöstlich, in Oehna-Zellendorf, haben diese Flieger ihr Zuhause. Im Schleppzentrum haben sich die Drachenflieger am UL lediglich mit dem, hauptsächlich am Wochenende stattfindenden, Drachen- und Gleitschirm-Windenschleppbetrieb zu arrangieren.